Der Gedanke

A: Was ist ein Gedanke?

R: Ein Gedanke ist das, was gedacht wird; eine Meinung, eine Ansicht.

A: So einfach!

R: Ja, der Gedanke ist das Denken an etwas; er ist ein Ergebnis, ein Produkt des Denkprozesses. Wir erleben und erfahren einen Gedanke in Form eines Urteils oder eines Begriffs, einer Benennung.

A: Ist der Gedanke subjektiv oder objektiv?

R: Der Gedanke im subjektiven Sinn betrifft die tatsächliche Entstehung eines Gedankens. Der Gedanke im objektiven Sinn betrifft seine Geltung. Wir können den Gedanke als die Information, die durch den Vorgang des Denkens zustande kommt, definieren.

A: Was bedeutet hier die Information?

R: Alles, was wir haben, ist die Information, alles, was uns ausmacht, bestimmt die Information. Wir erhalten die Information über verschiedene Kanäle. Die Information wird durch unsere Sinneseindrücke erzeugt. Sie wird durch unsere Gefühle, die sich zur Bewertung einer Situation einstellen, erschafft. Danach wird sie durch intellektuell bearbeitete Antworten auf Fragen, die wir stellen, kreiert und am Ende wird sie durch die Interpretation und dem Geben von Sinn und Bedeutung generiert. In diesem Zusammenhang ist die Information ein Feld. Das Informationsfeld wird durch uns Individuen strukturiert und moduliert.

A: Welche Struktur wird von uns Individuen moduliert?

R: Wir glauben und wissen aufgrund unserer Gedanken und Gefühle. Unsere Gedanken und Gefühle sind die Folgen unserer Erfahrungen. Unsere Erfahrungen sind die Folgen unseres Bewusstseins und Unterbewusstseins und unsere Bewusstseinsmomente sind Teil eines individuellen Informationsfelds. Das individuelle Informationsfeld ist Teil eines kulturellen, gesellschaftlichen, globalen Informationsfelds. Man kann daraus schliessen, dass unser Gedanke ein Tätigkeitsbereich ist.

A: Was machen die Gedanken, was ist ihre Funktion?

R: Etwa 40‘000 Gedanken, so schätzt man, verarbeitet ein Mensch durchschnittlich am Tag. Gedanken sind notwendig zur Planung nach der Verarbeitung von Informationen. Sie können dennoch einen unglaublichen Sog entwickeln. Wenn wir uns ihnen überlassen, erzeugen sie unterschiedlichste Stimmungen und Gefühle wie Freude, Selbstbewusstsein, Stolz, aber auch Neid, Frustration. Gedanken laufen nach einem immer wiederkehrenden Muster ab. Sie beziehen sich entweder auf vergangene Erlebnisse oder auf künftig mögliche Ereignisse. Alles, was wir denken, ist emotional grundiert. Insofern sind unsere Gedanken mächtige Gefühlsproduzenten, obwohl wir das oft gar nicht registrieren. Zugleich sind wir als kommunizierende Wesen auch Sender von Gedanken. Langfristig bestimmen unsere Gedanken unsere Persönlichkeit und unseren Charakter. Wie einst ein Philosoph bemerkte:

  • Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte.
  • Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Handlungen.
  • Achte auf deine Handlungen, denn sie werden deine Gewohnheit.
  • Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
  • Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.

A: Ich koche Tee, möchtest du auch einen?

R: Gerne, soll ich etwas machen?

A: Du kannst den Tisch aufräumen. Welchen Tee möchtest du?

R: Einen Schwarzen mit zwei Zuckerwürfeln. Ich bin mit Aufräumen fertig.

A: Ich bringe den Tee und stelle ihn auf den Tisch. Erzähle weiter!

R: Wenn wir denken, denken wir mit Worten, die wir als Sprache gelernt haben. Danach werden wir diese Worte auch aussprechen. Jeder von uns gesprochene Satz wird erst in Gedanken vorgebildet, dann gesprochen. Was ich sage, tue ich. Jetzt kommt die Materie ins Spiel. Unsere Gewohnheiten meisseln dann an einem Materie-Standbild, was bedeutet, dass die verändernde Aktivität immer stärker eingefroren wird. Der Geist verewigt sich in der materiellen Welt und formt sie. Auch mein Ich wird schliesslich durch dieses „Standbild“ geformt. Mein Charakter verfestigt sich, und all das mündet in die scheinbar unausweichliche Manifestation des Schicksals. Übrigens, ist der Tee gut?

A: Danke!

R: Wir denken in Bildern, in Mustern, die unseren Erwartungen entsprechen, und diese wiederum entstehen aufgrund unserer Erfahrungen. Erfahrungen sind die Grundlage all dessen, was bei uns und in uns existiert – bewusste und unbewusste Erfahrungen. Nun, der Gedanke ist ein Tätigkeitsgebiet, in dem wir die Erkenntnis durch die Verarbeitung von Information gewinnen, dann geben wir der Information einen Sinn und eine Bedeutung mit Gefühlen und Glaube.

A: Möchtest du noch was?

R: Ich bin schon bedient, danke, vielleicht später! Nun, was der Gedanke oder was das Denken ist, ist einerseits seine Bedeutung, die es für unsere Arbeit hat, bei der es mit Sorgfalt, Logik und Vernunft angewendet werden muss, und jenes andere Denken, das ohne jeden Wert ist. Wenn wir diese beiden Arten vom Denken kennen, dann können wir das verstehen, was der Gedanke in uns hervorbringt.

A: Was meinst du?

R: Man hört fast überall, dass der Gedanke von geringer Bedeutung sei, wichtig sei vielmehr das Gefühl. Aber ich sehe nicht, wie man diese beiden trennen kann. Ein Gefühl agiert eigenständig. Wenn das Denken den Gefühlen keine Fortdauer gibt, stirbt das Gefühl sehr schnell. Stellen wir uns etwa die Aufgabe, unser momentanes Gefühl zu analysieren, verschwindet das Gefühl in dem Augenblick, in dem wir das tun. Es hat einem neuen Gefühl Platz gemacht – einer Art Neugier oder Motivation. Ein Gefühl lässt sich durch den Intellekt nicht bestimmen. Konzentrieren wir uns dagegen auf eine rein intellektuelle Handlung, dann werden die Gefühle verdrängt. Gefühl und Intellekt sind komplementär. Und wenn wir uns auf den Inhalt eines Gedankens konzentrieren, verlieren wir so die Richtung aus den Augen, in die der Gedanke gehen will. Konzentrieren wir uns allerdings auf die Richtung des Gedankens, sehen wir seinen Inhalt weniger genau.

Der Gedanke bedingt alle unsere Handlungen und die Handlungen gehören immer der Gegenwart an. Es ist wirklich ausserordentlich interessant, das Wirken des eigenen Denkens zu beobachten, einfach zu betrachten, wie man denkt, zu sehen, wo diese Reaktion, die wir Denken nennen, ihren Ursprung hat. Jeder Mensch kann das Denken in seiner gesamten Struktur verstehen, wenn er sieht, wie er denkt, warum er denkt, welche Worte er benutzt, in welcher Art er sich in seinem täglichen Leben benimmt, wie er zu den Menschen spricht, wie er die Menschen behandelt, wie er geht, wie er isst. Solange kein Gedanke da ist, solange bestehen keine Gedanken, die aus der Erinnerung, der Erfahrung, dem Wissen abgeleitet sind und die alle der Vergangenheit angehören, in Folge dessen es überhaupt keine Denker gibt.

A: Was meinst du, bin ich ein Denker?

R: Ich glaube schon!

A: Nun, ich muss einkaufen gehen und kaufe bestimmt wieder Tee.

R: Du bist ein guter Denker, ich kann es bestätigen.

A: Wieso?

R: Weil du an den Tee gedacht hast.

A: Danke, bis später!

R: Bis dann!

 

 

 

Quellen:

Broers, Dieter. Gedanke erschaffen Realität. München: Wilhelm Heyne, 2013.

Kishnamurti, Jiddu. Einbruch in die Freiheit. Berlin: Ullstein, 1994.  

Wanker, Ulrich. Quanten Philosophie und Interwelt. Berlin. München: Scorpio, 2013.

Wanker, Ulrich. Quanten  Philosophie und Spiritualität. Berlin. München: Scorpio, 2011.