Elektromagnetismus

R: Was ist Elektromagnetismus?

A: In den letzten vierhundert Jahren hat die Naturwissenschaft entdeckt, dass sich alle Erscheinungen in unserm Universum auf vier fundamentale Kräfte zurückführen lassen, die das Universum antreiben. Sie sind Gravitation, strake und schwache Kernkraft und elektromagnetische Kraft. Elektromagnetische Kraft ist die Kraft, die auf Teilchen, die elektrische Ladung haben, wirkt. Diese Kraft tritt in einer Vielfalt von Formen auf, unter anderen als Elektrizität, Magnetismus und Licht. Die elektromagnetische Kraft erleuchtet unsere Städte, füllt die Luft mit Musik aus Radio – und Stereoapparaten, unterhält uns mit Fernsehsendung, erleichtert die Hausarbeit durch sprechende Geräte, erwärmt unsere Nahrung durch Mikrowellen, erfasst unsere Flugzeuge und Raumsonden mit Radargeräten und sorgt für das Funktionieren unserer Kraftwerke. Würde man alle auf dem Elektromagnetismus basierende Technologie plötzlich ausschalten, fiele die Zivilisation augenblicklich um hundert oder zweihundert Jahre zurück und versänke in Dunkelheit und Schweigen.

R: Diese Kraft spielt eine grosse Rolle in unserm derzeitigen Leben.

A: In jüngerer Zeit nutzt man die elektromagnetische Kraft auch für Elektronenrechner, Handy, Computer, Harde und – Softwaren, die zu einer radikalen Veränderung in unseren Lebensart- und weise geführt haben. Elektromagnetische Kraft wird in Lasern, die für Nachrichtenwesen, Chirurgie, Kompaktdiscs, Hightech-Waffentechnik und sogar Preislesegeräte an Supermarktkassen benützt. Diese Kraft hat das Tor zur Elektrifizierung des ganzen Planeten geöffnet. Wir sind auf diese Kraft angewiesen, wenn es einen Stromausfall gäbe, würden wir in einem einzigen Augenblick über 100 Jahre zurückgeworfen, ohne Kreditkarte, Computer, Licht, Aufzüge, Fernsehen, Radio, Internet, Elektromotoren usw. Mehr als die Hälfte des Bruttosozialproduktes der ganzen Erde, das heisst des erwirtschafteten Wohlstands unseres Planeten, hängt in irgendeiner Weise von der elektromagnetischen Kraft ab.

R: Ich koche mir einen Kaffee, willst du auch?

A: Ja, gerne, mit zwei Zuckerwürfel.

R: Was ist Magnetismus?

A: Die Kompassnadel eines einfachen Kompasses zeigt dir eine Richtung, entweder Nordpol oder Südpol. Nehmen wir einen Magneten und halten wir ihn ein paar Zentimeter über eine Büroklammer. Was geschieht dann?

R: Die Büroklammer springt in die Höhe und bleibt an der Oberfläche des Magneten kleben.

A: Bestimmt, diese Vorführung ist so alltäglich und vertraut, dass wir leicht den Grund übersehen. Ohne die Büroklammer zu berühren, sorgt der Magnet dafür, dass sich die Büroklamme bewegt. Wie ist das möglich?

R: Der Magnet selbst hat keinen Kontakt mit der Büroklammer, aber er übt einen Einfluss aus.

A: Genau, der Magnet selbst berührt die Büroklammer zwar nicht, aber er erzeugt etwas, das sie berührt. Dieses Etwas bezeichnet man als Magnetfeld.

R: Kaffee ist bereit, ich schenke dir einen mit zwei Zuckerwürfeln ein, wie du es dir gewünscht hast.

A: Danke, ich mag Kaffee sehr.

R: Was ist ein Magnetfeld?

A: Ähnlich wie eine Flamme, die Wärme erzeugt, erzeugt ein Magnet ein Magnetfeld. Die Felder, die von Magneten erzeugt werden, können wir nicht sehen und nicht hören, gleich wie Erdmagnetfeld, das die Kompassnadel zur Bewegung bringt. Das Magnetfeld reicht über den Magneten selbst in den Raum hinaus und ist damit eine Art «Nebel» oder eine «Essenz», die den Raum erfüllt und nach der Pfeife des Magneten tanzt. Jeder Magnet ist also von einem magnetischen Feld, einer unsichtbaren Anordnung von dem ganzen Raum durchdringenden Kraftlinien, umgeben.

R: Was ist Elektrizität?

A: Wenn du eine Glasröhre reibst, so gelangt ihr die Eigenschaft, ein leichter Körper, wie Papierschnitzel anzuziehen. Auch Elektrizität baut Felder auf. Elektrisches Feld ist dafür verantwortlich, wenn wir manchmal einen elektrischen Schlag bekommen. Dieses Feld bringt deinen Wollschal zum Knistern und wenn du in einem Zimmer mit Wollteppichfussboden einen Türknopf aus Metall anfasst, lässt deine Hand zurückzucken. Das elektrische Feld bringt deine Haut zum prickeln und lässt deine Haare zu Berge stehen, wenn du dich während eines kräftigen Gewitters im Gebirge aufhältst. Deine hoch stehenden Haare zeigen den Verlauf der von dieser Quelle ausgehenden, unsichtbaren elektrischen Feldlinien.

R: Und was ist ein Feld?

A: Ein Feld ist Etwas, was Ausdehnung in Raum und Zeit besitzt. Ein Feld ist eine physikalische Grösse, diejenige Grösse, die es für jeden Punkt im Raum gibt und die einen bestimmten Wert besitzt. Mathematisch ist jedem Punkt im Raum eine Zahl oder eine Sammlung von Zahlen zugeordnet, die wiederum den Wert des Feldes bezeichnen.

R: Wie wurde Elektromagnetismus entdeckt?

A: Ein Physiker Namens Maxwell fand heraus, dass elektrische Felder sich in magnetische Felder verwandeln können und umgekehrt. Veränderungen in einem elektrischen Feld Veränderungen in einem Magnetfeld bewirken, die wiederum Veränderungen im elektrischen Feld hervorrufen können und so fort. Maxwell entdeckte die mathematischen Grundlagen dieser Wechselwirkung und seine Gleichungen zeigten, dass elektrische und magnetische Felder miteinander verflochten sind. Daher nannte man sie schliesslich elektromagnetische Felder und den von ihnen ausgeübten Einfluss elektromagnetische Kraft. Und was am Interessantesten ist, ist es, dass Maxwell Gleichungen zeigen, dass auch sichtbares Licht eine elektromagnetische Welle ist und zwar eine, für die wir im Laufe der Evolution ein geeignetes Sinnenorgan entwickelt haben, nämlich unsere Augen, da unsere Augen diese Sorte elektromagnetischer Wellen direkt wahrnehmen können. Heute besitzen wir die Erkenntnis, dass das gesamte Spektrum und zwar Radar, Fernsehen, infrarot Licht, sichtbares Licht, ultraviolettes Licht, Röntgenstrahlen, Mikrowellen und Gammastrahlen nichts weiter als die mathematischen Gleichungen sind, die Maxwell entdeckte.

R: Wieso können wir die elektromagnetische Welle nicht sehen?

A: Ich weiss nur, dass schwingende elektrische und magnetische Felder zu den Dingen gehören, für deren Wahrnehmung unsere Spezies im Laufe der Evolution keine geeigneten Sinnesorgane entwickelt hatte. Wir sehen zwar Licht, aber die schwingenden Felder, die das Licht erzeugen, nicht.

R: Wie wird unser Strom produziert?

A: Zum Beispiel, die Elektrizität im Draht kann dazu benutz werden, eine Glühbirne zum Leuchten zu bringen. Dasselbe Prinzip kommt überall auf der Welt bei der Erzeugung von Elektrizität zur Anwendung, um die Städte mit Energie zu versorgen. So versetzt beispielweise das über einen Damm fliessende Wasser einen riesigen Magneten in einer Turbine in Bewegung, wodurch die Elektronen in einem Draht angeschoben werden, was wiederum elektrischen Strom erzeugt, der durch eine Hochspannungsleitung zu den Steckdosen in unseren Wohnzimmern fliesst. Auf ähnliche Weise baut die Elektrizität aus der Steckdose in einem Staubsauger magnetisches Feld auf, das die Motorblätter zum Rotieren bringt. Wir sind ständig in ein Meer von künstlich erzeugten elektromagnetischen Feldern getaucht. Unser Handy und unser Radio überbrücken riesige Entfernungen, weil die elektromagnetischen Felder, die von Telefongesellschaften und Radiosendern ausgestrahlt werden, beeindruckend grosse Raumregionen erfüllen.

R: Kann ich jetzt behaupten, dass die elektromagnetische Kraft, die nützlichste Kraft ist, die sich der Mensch je angeeignet hatte?

A: Ja, selbstverständlich, ich bin auch derselben Meinung. Wenn wir ein Handy, ein Radio oder einen drahtlos vernetzten Computer einschalten, stellen die von diesen Geräten empfangen Signale einen winzigen Anteil aus dem Dickicht der elektromagnetischen Übertragungen dar, deren Schwingungen uns überall umgeben, die in aller Stille in jeder Sekunde an uns vorüber- und durch uns hindurch laufen. Wir bemerken die elektrischen und magnetischen Kräfte in der Alltagwelt nicht. Unser makroskopischer Körper enthält eine fast gleiche Zahl positiver und negativer elektrische Ladung.

R: Was ist denn das Licht?

A: Elektrische Ströme erzeugen Magnetfelder und Magnete erzeugen elektrische Ströme. Die wellenförmigen Strömungen von magnetischen und elektrischen Feldern erzeugen das Licht, das Licht, das wir sehen und wahrnehmen. Das Licht besteht aus Teilchen, die man Photonen oder gelegentlich auch Lichtquanten nennt.

R: Nun, elektromagnetische Kraft ist die Kraft der Elektrizität und Magnetismus. Wenn sie im Gleichklang schwingen, erzeugen Wellen, nämlich Strahlungsarten, wie Radiowellen, Lichtwellen, Mikrowellen die mathematischen Gleichungen gehorchen. Das Licht besteht aus schwingenden elektrischen und magnetischen Feldern, die fortlaufen ineinander verwandeln.

A: Tipp top. Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass die elektromagnetischen Kräfte für alle chemischen und biologischen Vorgänge verantwortlich sind. In Prinzip ist das Gehirn, ein Sender, über den unsere Gedanken in Form winziger elektrischer Signale und elektromagnetischer Wellen übertragen werden.

R: Was meinst du, sind wir eine Art Lebewesen, das mit elektromagnetischer Kraft wechselwirkt, oder wir bestehen aus dieser Kraft?

A: Wir sind eine elektromagnetische Spezies. Der Tastsinn bedient sich aus komplizierteren Gründen auch elektromagnetischer Schwingungen und Wechselwirkungen. Da alle Sinne des Menschen in irgendeiner Form auf elektromagnetischen Interaktionen basieren.

 

 

 

Quellen:

Greene, Brian. Die verborgene Wirklichkeit. München: Siedler, 2012.

Greene, Brian. Der Stoff, aus dem der Kosmos ist. München: Wilhelm Goldmann, 2008.

Hawking, Stephen. Die kürzeste Geschichte der Zeit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2010.   

Kaku, Michio. Einsteins Würfel. München: Piper, 2010.

Kaku, Michio. Die Physik des Unmöglichen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2011.

Kaku, Michio. Im hyperraum. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2010.

Randall, Lisa. Dunkle Materie und Dinosaurier. Frankfurt am Main: Fischer, 2016.

Susskind, Leonard. Der Krieg um das Schwarze Loch. Berlin: Suhrkamp. 2010.