Urknall / vor dem Urknall / Inflationsmodell

R: Guten Morgen, Gibt es noch Kaffee?

A: Ja, die Kaffeekanne steht auf dem Tisch.

R: Ist die Post da?

A: Die Zeitung liegt auf dem Tisch.

R: In der ersten Seite der Zeitung steht: «Der Urknall, der Anbeginn der Welt». Was ist der Urknall, was hat geknallt?

A: Der Urknall ist das bei weitem anerkannteste Modell des Ursprungs des Universums. Big bang, der Urknall ist die Schöpfung der Welt und die Entstehung der Naturgesetze. Allerdings ist der Name in der Tat irreführend. Es gab keinen bang, keinen Knall, kein Aussen, keine Luft, und schon gar nicht war dieser Big, gross. Das Universum begann als eine unendlich kleine Singularität, ein Nullpunkt mit unendlichen Werten für Temperatur und Energie, jener Punkt in der Raumzeit, an dem eine physikalische Grösse unendlich wird. Der Urknall ist keine Explosion im üblichen Sinne, keine Explosion, bei der die Objekte voneinander weggeschleudert wird, sondern er ist der Zustand, in dem der Raum selbst entsteht, und er dehnt sich in alle Richtungen aus. Der Urknall ist der Beginn des Raums und der Anfang der Zeit. Gibt es noch Kaffee?

R: Nein, Ich werde schon Kaffee kochen.

A: Habe ich deine Frage beantwortet?

R: Erzähle weiter, ich höre zu.

A: Nach der Urknalltheorie begann die Existenz des Universums vor 13,8 Milliarden Jahren als heisser, dichter Feuerball. Der Feuerball war in einem einzigen Raumpunkt mit dem Volumen null zusammengedrängt, wie etwa in einer Kugel mit dem Radius null. Damals müssen die Dichte des Universums und die Krümmung der Raumzeit unendlich gewesen sein. Das ist der Zeitpunkt, der der Urknall genannt wird. Kurz nach dem Urknall formte sich eine Blase, die kleiner war als ein Atom, kleiner als ein Elektron. Das war das Universum, es war unvorstellbar klein und unvorstellbar heiss. In dieser Blase bildeten sich die vier Naturkräfte: Schwerkraft, Elektromagnetismus, starke Kernkraft und schwache Kernkraft. Man nannte sie eine Superkraft. Die Schwerkraft spaltete sich von der Blase ab und das Universum expandierte. Bei der Ausdehnung kühlte sich das Universum ab, dies löste einen Energieschub aus, der wiederum die Inflation postulierte. Diese Inflation bewahrte die Einheitlichkeit des Universums, wie die Bilder der Satelliten zeigten. Soll ich weiter…

R: Ja, mach weiter!

A: Das Universum war noch keine Sekunde alt, als die Superkraft in die Naturkräfte zerfiel. Eine Sekunde nach dem Urknall war das Universum so weit expandiert, dass seine Temperatur auf ungefähr zehn Milliarden Grad gefallen war. Das ist etwa das Tausendfache der Temperatur, die im Mittelpunkt der Sonne herrscht. Drei Minuten nach dem Urknall war die Temperatur des Universums auf etwa 550 Millionen Grad Celsius gefallen, kühl genug, um Atomkerne zu bilden. Das Element Wasserstoff entstand. Einige Wasserstoffatome verschmolzen zu Helium. Das Universum war gestaltlos. 380`000 Jahre später raste das Licht durch die Dunkelheit und das Universum wurde durchsichtig.

R: Kaffee ist bereit, ich stelle die Kaffeekanne auf den Tisch.

A: Danke, für den Kaffee.

R: Geschah der Urknall an einem einzigen Punkt?

A: Nein.

R: Wo im Weltraum geschah unsere Urknallexpansion?

A: Sie geschah überall, an unendlich vielen Punkten gleichzeitig. Die Expansion begann in einer Region des Raumes, die viel kleiner war als ein Atom. Es gab keinen Rand. Man konnte nicht vom Rand des Universums herunterfallen. Die Frage, wo denn der Urknall stattgefunden hatte, ist ebenfalls irreführend. Denn es gab keinen Punkt im Weltall, von dem man sagen könnte: Hier hatte alles begonnen, hier lass uns ein Denkmal setzen. Vielmehr sind Raum und Zeit überall entstanden, also auch direkt vor unserer Nasenspitze.

R: Wie können wir sicher sein, dass es so etwas wie den Urknall stattgefunden hatte?

A: Mikrowellen-Hintergrundstrahlung ist der Beweis dafür, dass der Urknall tatsächlich stattgefunden hatte. Diese Strahlung ist das schwache Nachglühen des Urknalls. Die Daten von Satelliten zeigten auf, dass 380`000 Jahre nach dem Urknall die Temperatur des Universums so sank, dass sich die Elektronen und Protonen zu elektrisch neutralen Atomen zusammenschliessen könnten. Das Universum wurde transparent, durchsichtig.

R: Erzähle weiter!

A: 200 Millionen Jahre nach dem Urknall formten sich die ersten Sterne und gaben Wärme und Licht ab, indem sie Wasserstoff zu schweren Atomen wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Silizium verschmolzen. Zwischen 500 Millionen bis 1000 Millionen Jahren nach dem Urknall bildeten sich die ersten Galaxien. Unsere Galaxie, die Milchstrasse, hat einen Durchmesser von rund 100,000 Lichtjahren und bewegt sich mit 38 Kilometer pro Sekunde in der lokalen Gruppe. Die Sterne in ihren Spiralarmen umkreisen das galaktische Zentrum einmal in den mehreren Hunderten Millionen Jahren. Die Michstrasse selbst ist nur eine von mehr als zweihundert Milliarden Galaxien, die unser Universum besiedeln. Jede Galaxie enthält im Durchschnitt einige hundert Millionen bis Milliarden Sterne. Unsere Sonne ist ein Stern der zweiten oder dritten Generation, der sich vor etwa fünf Milliarden Jahren aus einer rotierenden Gaswolke mit Überresten früherer Supernovae bildete. Die Sonne verbrannt die Wasserstoffatomkerne zu Helium und produziert eine halbe Milliarde Tonnen Helium pro Sekunde und strahlt die resultierende Energie in Form von Wärme und Licht ab. Sie liegt im inneren Rand eines der Spiralarme der Milchstrasse. Unser Sonnensystem ist nicht mehr als ein winziger Punkt in der Milchstrasse und umkreist deren Zentrum in einer Entfernung von etwa 26`000 Lichtjahre. Ich bin durstig und möchte etwas trinken, willst du auch was?

R: Ja, Wasser bitte, ich werfe einen Blick in den Artikel.

A: Bitte lese vor.

R: Oh, der Artikel ist lang, ich lese zuerst, fasse zusammen, dann drücke ich aus.

A: Prima.

R: Der Urknall war keine Explosion, es war einfach ein Raum, der sich gleichzeitig in alle Richtungen ausdehnte. Das Universum begann sehr klein und vergrössert sich schnell, von der Grösse eines Atoms zu einem Tennisball, von der Grösse eines Tennisballs zu einem Planeten. Das Universum bewegte sich nicht in etwas hinein, sondern der Raum dehnt sich selbst aus. Ein wichtiger Beleg für den Urknall ist die Entdeckung seiner kosmischen Hintergrundstrahlung, ein Überbleibsel des frühen Universums. Heute kann die Geschichte des Universums recht genau beschreiben werden. Vor etwa 13,8 Milliarden Jahren fing alles an. In den ersten zehn hoch Minus 35 Sekunden nach dem Urknall expandierte das Universum mit mehr als Licht Geschwindigkeit in der sogenannten Inflation. Das Universum wurde in extrem kurzer Zeit viel grösser. Sekundenbruchteile später bildete sich erstmals Materie, als sich Teilchen und Antiteilchen nicht mehr vollständig gegenseitig aufhoben. Innerhalb etwa einer Mikrosekunde formten sich Quarks zu Wasserstoff Atomkerne. In den nächsten hundert Sekunden entstanden auch die komplexeren Heliumatomkerne. Das All war heiss und undurchsichtig. Lichtteilchen kollidierten sich ständig mit Materie-Teilchen. Doch nach 380`000 Jahren änderte sich das Universum. Die Atomkerne hatten sich mit den Elektronen zu neutralen Atomen vereinigt. Licht konnte sich ausbereiten. Das Universum wurde durchsichtig. Ich habe fast die erste Seite des Artikels vorgelesen.

A: Hier ist dein Wasser.

R: Danke, nett von dir.

A: Mach weiter!

R: Dominiert war das junge Universum von der kaum erforschten dunklen Materie. Sie zog wie ein unsichtbares Netz und riss dabei die normale Materie mit sich, aus der später die Galaxien entstanden. Doch bis es dazu kam, dass sich die ersten Sterne bilden konnten, musste sich das Universum noch 200 Millionen Jahre abkühlen. Die ersten Sterne bildeten sich und produzierten Elemente wie Stickstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff. Viele der ersten Sterne hatten gewaltige Ausmasse, teilweise das Hundertfache der Sonnenmasse. Doch sie wurden nur einige Millionen Jahre alt, dann explodierten sie in einer sehr hellen sogenannten Supernova. Dabei konnte es zur Entstehung von extremen massenreichen schwarzen Löchern kommen. Galaxien haben in ihren Zentren ein supermassives schwarzes Loch. Unser Sonnensystem liegt an einem Seitenarm der Milchstrasse. Unsere Sonne, die zirka 5 Milliarden Jahre alt ist, ist ein Stern der Enkelgeneration und sie treibt durch die kürzlich entdeckte dunkle Energie immer schneller von den anderen Galaxien unseres Universums weg. Die Urknalltheorie hat viele Fragen beantwortet, aber auch mehr aufgeworfen. Der Artikel ist fast fertig.

A: Hast du schon eine Antwort für deine Frage?

R: Ich weiss schon einiges. Zum Zeitpunkt der Schöpfung waren die vier Naturkräfte zu einer Superkraft vereint, dann spalteten sich die Naturkräfte voneinander ab und das Universum expandierte. Mit dem Urknall entstanden Raum und Zeit. Sterne wurden geboren und starben und hatten viele der von ihnen erzeugten Atome ins Weltall geschleudert. Materie im Weltall ballte sich zu unserem Planeten zusammen. Die kosmische Expansion sagt voraus, dass sich die Galaxien von uns entfernen.

A: Dann hast du doch eine Antwort!

R: Ja, schon, es scheint, dass der Urknall aus Nichts entstanden ist, wie kann etwas aus dem Nichts entstehen?

A: Dass das Universum nicht rotiert, könnte daran liegen, dass unser Universum, aus dem Nichts entstanden ist. Hier bedeutet Nichts, ein Zustand, in dem keine Materie existiere, Nichts ist fehlende Materie.

R: Was ist genau eine Singularität?

A: Singularität ist ein Zustand unendlicher Gravitation. Die allgemeine Relativitätstheorie sagt unter sehr allgemeinen Bedingungen voraus, dass Singularitäten im Zentrum schwarzer Löcher und im Augenblick des Urknalls vorkommen. Man nimmt an, dass in ihnen die allgemeine Relativitätstheorie ihre Gültigkeit verliert. Unsere Physik geriet in einen Zustand, in dem ihre Gesetze sich ausser Funktion setzten, und so nicht weiter aufklären können. In der Singularität haben Raum und Zeit keine Bedeutung.

R: Im Artikel ist nicht darübergeschrieben worden, was vor dem Urknall war? Und was die Inflation ist? Was weisst du davon?

A: Was war vor dem Urknall? Es gibt eine Annahme. Sie stellt dar, dass das Universum aus dem Zusammenprall von zwei Branen entstehen sein könnte, als sie vor 13,8 Milliarden Jahren kollidierten und somit war der Urknall keine Explosion, sondern eine Kollision. Sollte unser Universum eine vierdimensionale Membran sein (drei räumliche Dimensionen und eine zeitliche), die in einem viel grossen Kosmos mit zusätzlichen Dimensionen, in einem M-Raum schwebt, ergibt sich eine faszinierende Möglichkeit, wie das Universum ganz anders angefangen haben könnte. Statt der Expansion des Raums könnte das Universum das Ergebnis eines universellen Autounfalls sein. Soll ich weiter…?

R: Ja, bitte.

A: Jetzt könntest du dir zwei Membranuniversen vorstellen, die im M-Raum schweben. Sie sind kalt und tot. Wir wissen nicht, woher sie kommen; das ist ein ganz anders Thema, aber wir befinden uns vor dem Urknall. Das Universum, wie wir es kennen, existiert nicht. In diesem Modell sickert die Gravitation aus dem normalen Raum des Universums innerhalb der Bran aus, sodass die beiden Membranen einander anziehen. Schliesslich stossen sie zusammen. Dabei wird eine grosse Energie erzeugt. Die kienetische Energie verwandelte sich zur Strahlungsenergie und wird zur Wärme und zur Materie, die wir aus unserer Position auf einer an der Kollision beteiligten Branen als Urknall erleben. Soll ich weiter…?

R: Bitte beginne wieder vom Anfang.

Ali: Wir müssen in Betracht ziehen, dass in einem M-Raum einige Extradimensionen gross oder sogar unendlich sein könnten. Wir beginnen mit zwei flachen, homogenen und parallelen Drei-Branen, die den niedrigsten Energiezustand besitzen.  Ursprünglich sind diese Branen leere, kalte Universen, doch allmählich zieht die Gravitation sie näher aneinander. Schliesslich stossen sie zusammen, woraufhin die gewaltige kinetische Energie in jene Materie und Strahlung umgewandelt wird, aus denen unser Universum besteht. Soll ich weiter…?

R: Weiter so!

A: Die Wucht der Kollision stösst die Universen auseinander. Während sich die beiden Membranen voneinander trennen, kühlen sie sich rasch ab, mit dem Erfolg, dass das Universum entsteht, das wir heute vor Augen haben. Die Abkühlung und Expansion hält Billionen Jahre an, bis sich die Temperatur der Universen den absoluten Nullpunkt nähert und die Dichte nur noch ein Elektron pro Billiarde Kubiklichtjahre Raum beträgt. Das Universum ist praktisch leer und Tod. Doch die Gravitation übt weiterhin ihre Anziehungskraft auf die beiden Membranen aus, bis sie Billionen Jahre später, abermals kollidieren und der Zyklus von vorne beginnt. Soll ich weiter…?

R: Halt, ich wiederhole, was ich verstanden habe!

A: Bitte!

R: Am Anfang waren die Branen lange Zeit vor der Kollision, glatt und gleichförmig und danach prallten sie aufeinander. Wir befinden uns in einem dieser Universen-auf-einer-Bran, auf einer Membran. Während sich die Branen ausdehnen würden, verteilen sie die entstehende Energie, bis sie abermals glatt und gleichförmig wären. Anschliessend würden sie einander wieder anziehen und schliesslich kollidieren, sodass alles von vorne begänne. Dieses Modell ist ein zyklisches Universum, eine Urknall/Kollaps Kombination.

A: Genau, die kollidierten Branen beantworten die Frage, warum das Universum so flach ist – weil die beiden Branen flach waren. Das Modell kann auch das Horizontproblem plausibler machen, warum das Universum nach allen Richtungen so bemerkenswert gleichförmig aussieht, weil die Membranen lange Zeit haben, um nach und nach ihr Gleichgewicht wieder zu finden. Soll ich weiter…?

R: Moment, was geschieht mit der Singularität?

A: Was in vier Dimensionen wie eine Singularität aussieht, muss in der Fünften keine sein. Wenn die Branen ineinander krachen, verschwindet zwar die fünfte Dimension vorübergehend, doch nicht die Branen selbst.

R: Erzähle weiter!

A: Nach diesem Modell und vor 13,8 Milliarden Jahre kollidierten zwei Branen, zwei Membranen. Die Kollision löste einen gewaltigen Energiestoss aus, die sich zu Materie, Galaxien, Sterne, Planeten, Monde, …und schliesslich auch zu uns verwandelte. Diesem Modell zufolge kann das Universum ganz und gar ohne Inflation auskommen. Denn das Universum war bereits gross, flach und gleichförmig und die dunkle Energie, die die Beschleunigung der Expansion des Universums antreibt, kann als Auswirkung der anderen Membranen auf unsere eigene interpretiert werden.

R: Interessant, die Erklärung, was vor dem Urknall war, ist mir denkbar. Ich kann es mir gut vorstellen, dass unser Universum durch eine Kollision zwischen zwei Branen entstanden ist. Ich koche wieder Kaffee, trinkst du auch?

A: Gerne.

R: Was ist die Inflation?

A: Die Inflation ist eine Theorie, die davon ausgeht, dass unser Universum im Augenblick seiner Geburt einem ungeheuren Expansionsschub unterworfen war. Nach dem Inflationsszenario veranlasste in dem ersten Billionstel einer Billionstel -Sekunde eine rätselhafte Antigravitationskraft das Universum, sehr viel rascher zu expandieren, als ursprünglich angenommen. Die inflationäre Epoche entwickelte eine unvorstellbare Expansionsenergie, unter deren Einfluss das Universum sehr viel schneller als mit Lichtgeschwindigkeit expandierte.

R: Wie ist es möglich, schneller als Licht sein? Die Lichtgeschwindigkeit ist Konstanz und nichts ist schneller als Licht.

A: Das ist kein Verstoss gegen Einsteins Relativitätstheorie, nach der nichts schneller als das Licht sein kann. Denn hier expandiert der leere Raum und nichts ist schneller als leerer Raum. Es war der Raum selbst, der sich ausdehnte. Deshalb verursachte die Inflation keine Bewegung, verglichen mit der Lichtgeschwindigkeit innerhalb des Universums. Natürlich können materielle Objekte die Schranke der Lichtgeschwindigkeit nicht überwinden. Das Inflationsmodell, ein Ansatz, der für die allerersten Augenblicke des Universums eine schnelle Wachstumsphase feststellt, bringt ihre eigene Version von Parallelwelten mit sich. Wenn die Vorstellung von der Inflation stimmt – und neueste kosmische Beobachtungen deuten darauf hin -, dann war die Wachstumsphase, welche die von uns bewohnte Raumregion entstehen liess, vielleicht nicht die einzige. Vielmehr könnte inflationäre Expansion in weit entfernten Bereichen auch gerade jetzt ein Universum nach dem anderen hervorbringen, und möglicherweise geht das für alle Ewigkeiten so weiter. Und das ist noch nicht alles; jedes dieser Universen, die sich wie Ballons aufblähen, hat seine eigene, unendliche räumlich Ausdehnung und enthält demnach unendlich viele Parallelwelten.

R: Ich schenke dir einen Kaffee ein, Zucker und Milch stehen auf dem Tisch. Erzähle weiter!

A: Der Kaffee riech gut, danke. Nun zehn hoch Minus 35 Sekunden nach dem Urknall fing die Inflation aus unbekannten Gründen an. 10 hoch Minus 35 ist eine unbegreiflich kurze Zeitspanne. Stelle dir so etwas wie eine Zehntelsekunde vor, aber mit 35 Nullen am Ende statt nur einer Null. In dieser lächerlich kurzen Zeitspanne soll sich das Universum um den Faktor 10 hoch Plus 50 ausgedehnt haben. Anschliessend war es 1000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,00 -mal  grösser. Soll ich weiter…?

R: Ich trinke den Kaffee und höre zu!

A: Die kosmische Inflation ergänzt das Urknallmodell und postuliert für den ersten Augenblick des Universums eine kurze Phase ungeheuer kosmischer Expansion. Die extrem schnelle Ausdehnung des inflationären Universums ist eine Erklärung für seine ungeheure Grösse, Einheitlichkeit und Flachheit.

R: Ich habe eine Frage?

A: Was ist deine Frage?

R: Was ist die Zahl 10 hoch Minus 35?

A: Es ist keine einfache Frage. Um das Universum zu beschreiben, sprechen die Forscher von einer Epoche, die sie Planck-Ära nennen. Die Energiewert der Planck-Ära beträgt 10 hoch 19 Milliarden Elektrovolt. Das ist der Zustand als die vier Naturkräfte des Universums zu einer einzigen „Superkraft“ vereinigt waren. Hier befand sich das Universum in einer vollkommenden Phase des Nichts oder in einem leeren höherdimensionalen Raum. Aus bislang unbekannten Gründen wurde die Vereinigung der vier Naturkräfte gebrochen. Es bildete sich eine winzige Blase, unser embryonales Universum. Diese Blase hatte die Grösse der Planck-Länge und zwar 10 hoch Minus 33 Zentmeter. Die Planck-Länge ist ein Milliardstel Billionstel Billionstel eines Zentimeters. Das sind die Grössenverhältnisse, die sich für den Zeitpunkt des Urknalls ergeben. Und dann gibt es noch eine andere Zahl, die Planck-Zeit. Sie ist 10 hoch Minus 43 Sekunden. Die Planck-Zeit ist die Zeit, die das Licht braucht, um eine Planck-Länge zurückzulegen.

R: Die Zahlen sind für mich unvorstellbar klein. Das sind doch mathematische Berechnungen, die die physikalischen Ereignisse beschreiben.

A: Es kam zu einem Bruch, der eine rasch expandierende Blase erzeugte. Während sich die Blase aufblähte, spalteten sich die vier fundamentalen Kräfte rasch voneinander ab. Als Erstes trennte sich die Gravitation von den anderen drei Kräften, ein Vorgang der eine Schockwelle durch das Universum sandte.

R: Was ereignete sich denn?

A: Hier geschah die Inflation, die Zahl 10 hoch Minus 35 Sekunden begann zu existieren. Die verbleibenden Wechselwirkungen, die starke und schwache Kernkraft sowie elektromagnetische Kraft waren noch vereinigt. Das Universum blähte sich in dieser Phase aus noch unbekannten Gründen um einen enormen Faktor auf, der möglicherweise 10 hoch 50 betrug und den Raum dazu brachte, sich unvorstellbar viel schneller als das Licht auszudehnen. Die Temperatur betrug 10 hoch 32 Grad Celsius.

R: Es war unvorstellbar heiss!

A: Die Temperatur fiel auf 10 hoch 27 Grad Celsius, während sich die starke Kernkraft von beiden anderen Kräften abspaltete.

R: Wie sah das Universum in dieser Phase aus?

A: Das Universum war eine heisse „Plasmasuppe“ aus freien Quarks, Gluonen und Leptonen. Freie Quarks kondensierten zu den heutigen Protonen und Neutronen.

R: Was ist Plasma?

A: Ein Fisch könnte glauben, das Wasser sei leerer Raum, weil es das einzige Medium ist, das er kennt. Aber angenommen, ein cleverer Fisch findet die Naturgesetzte heraus, die die Wassermoleküle beherrschen, dann könnte er erkennen, dass sie drei unterschiedliche Lösungen oder Aggregatzustände haben. Sie entsprächen einmal dem flüssigen Wasser, das ihm vertraut ist, und ausserdem Dampf und Eis-Zustände, die er nie zuvor gesehen hat. Es gibt drei klassische Aggregatzustände und zwar, fest; wie Eis, flüssig; wie Wasser sowie gasförmig; wie Dampf. Allgemein ist Plasma der vierte Aggregatzustand der Materie. In der Physik ist ein Plasma ein Gas, dessen Bestandteile teilweise oder vollständig in Ionen und Elektronen aufgeteilt sind.

R: Wie gross war das Universum in dieser Phase?

A: Unser Universum war doch immer ziemlich klein; vielleicht hätte es die Grösse des gegenwärtigen Sonnensystems. Materie und Antimaterie hatten sich gegenseitig vernichtet, doch der winzige Überschuss von Materie gegenüber Antimaterie sorgte für die Materie, die wir heute um uns herum erblicken.

R: Die Inflationsphase ist gigantisch.

A: Die Inflation erklärt den Knall im Urknall, nämlich die Ausdehnung des Urknalls und darüber hinaus beschreibt sie die Flachheit und Gleichförmigkeit des Universums. Der Kaffee schmeckt mir, wie hast du ihn gekocht?

R: Normal, wie immer.

A: Unser Wissen über das Universum und seine Entstehung verdanken wir unseren Forschern und Instrumenten wie Teleskopen, Computern, Raumsonden. Die Forscher können trotzdem noch nicht mit Sicherheit sagen, was unseren Urknall verursachte, ob das wirklich der Beginn von Allem oder lediglich die Fortsetzung eines früheren Stadiums war. Immerhin beschreiben die Forscher dank einer Lawine qualitativ hochwertiger Messungen ein ziemlich detailliertes Verständnis der Ereignisse seit unserem Urknall. Magst du noch?

R: Ja, erzähle weiter!

A: Die Geschichte des Universums ist eine Geschichte der Komplexität. Unser Universum begann mit einem heftigen Urknall, es dehnte sich aus, dann kühlte es sich ab und danach verschmolzen seine Teilchen zu Atomen, Sternen und Galaxien und schliesslich zu uns. Dem Inflationsmodell zufolge dehnt sich unser sichtbares Universum mit seinen mehr als 200 Milliarden Galaxien so aus, dass der grösste Teil des Lichtes aus fernen Regionen bisher noch keine Zeit hatte, uns zu erreichen. Es gibt riesige Raumbereiche, die wir mit unseren Teleskopen nicht sehen und niemals besuchen werden können, weil wir nicht in der Lage sind, schneller als das Licht zu reisen. Fast 14 Milliarden Jahre nach dem Urknall hat sich unser Universum auf 150 Milliarden Lichtjahre Durchmesser ausgeweitet. Der Himmel ist voller Sterne. Unser Sonnensystem hat acht Planeten, von denen der Dritte viele Lebensformen aufweist, die auf Kohlenstoff basieren und eine davon entdeckt gerade, dass wir die unendlichen kleinen Punkte in grossem Theater des Universums sind.

R: Das kann wohl gesagt werden; der Mensch, ein Geschöpf, eine intelligente Affenart, auf dem dritten Planeten eines unbedeutenden Sterns in einer unbedeutenden Galaxie ist in der Lage, die Geschichte unsers Universums bis zum Augenblick seiner Entstehung zu beschreiben.

A: Unser Leben ist zeitlich und räumlich klein: Würde man diese 14 Milliarden Jahre alte kosmische Geschichte massstabsgerecht auf ein Jahr übertragen, wären 100,000 Jahre menschlicher Geschichte 4 Minuten lang und ein hundertjähriges Leben wäre auf 0,2 Sekunden reduziert.

R: Und wie viele Zeiteinheiten haben wir für unser Gespräch verbraucht?

A: Das Universum expandiert immer noch und die Expansion beschleunigt sich sogar. Aber wenn wir die 14 Milliarden Jahre auf nur 14 Jahre reduzieren, dann entstanden unser Sonnensystem vor etwa 5 Jahren und die Erde vor 4,5 Jahren. Auf der Oberfläche des Planeten sammelte sich Wasser in flüssiger Form. Im Wasser bildeten sich endlich in unerklärlichen Chemischen Prozessen Leben. Die ersten Lebewesen erschienen vor 4 Jahren. Die Dinosaurier, die120 Millionen Jahre den Planeten bewohnten, starben erst vor drei Wochen aus. Und die industriele Revolution hat erst vor Sechs Sekunden begonnen. Das heisst, die Erde musste sich bilden, das Leben musste sich entwickeln, die Dinosaurier mussten aussterben und unsere Eltern mussten sich kennenlernen. Die Zeit unseres Gespräches beträgt ein Milliardstel Billionstel einer Sekunde. Also, wir existieren immer noch in der sechsten Sekunde nach der industrielen Revolution.

 

 

 

Quellen:

Clegg, Brian. Vor dem Urknall. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2013.

Greene, Brian. Die verborgene Wirklichkeit. München: Siedler, 2011.

Hawking, Stephen. Die kürzeste Geschichte der Zeit. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2010.

Hawking, Stephen. Der grosse Entwurf. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2010.

Kaku, Michio. Einstein Würfel. München: Piper, 2010.

Kaku, Michio. Im Paralleluniversum. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2007.

Shubin, Neil. Das Universum in dir. Frankfurt am Main: Fischer, 2013.

Tegmark, Max. Unser mathematisches Universum. Berlin: Ullstein, 1014.